Unter den acht Kilometer Förderbändern des Paketzentrums Daillens (VD), über die täglich fast 165’000 Pakete rauschen, befindet sich die Paketklinik: Jeden Tag werden dort schlecht verpackte oder beschädigte Pakete mit grösster Sorgfalt zusammengeflickt und aufgepäppelt. Dafür zuständig ist ein Fachteam, das alles daran setzt, jedes Paket wohlbehalten an die richtige Adresse zuzustellen.
(Bern/Daillens) Was ist das wichtigste Ziel der Post? Sie will den Empfängerinnen und Empfängern jede Sendung, die ihr anvertraut wird, intakt, zuverlässig und sicher zustellen. Unsere Mitarbeitenden engagieren sich mit viel Herzblut für diese Aufgabe. Die Anzahl Pakete ist in den letzten Jahren stark gestiegen: 2022 transportierte die Post 194 Millionen Pakete. Dies entspricht einer Zunahme um 30 Prozent gegenüber 2019. Angesichts dieses starken Wachstums des Paketvolumens ist es logisch, dass auch die absolute Zahl der Pakete, die beispielsweise beim Transport, durch starken Regen oder beim Sortieren beschädigt werden, gestiegen ist. Die Zahlen der letzten Jahre zeigen, dass dieser Anteil jedoch stabil und sehr tief geblieben ist; er liegt im Promillebereich. Um beschädigte Briefe und Pakete zu reparieren, unterhält jedes Sortier- und Paketzentrum eine «Rehaklinik».
Jedes bechädigte Paket ist eines zuviel
Teamleiterin der Klinik in Daillens ist Catherine Mariller. «Jedes beschädigte Paket ist eines zu viel!», sagt sie. Ihr Team umfasst vier versierte «Päcklidoktoren». «Jeden Tag laufen rund 165 000 Pakete über unsere Förderbänder. Ein winziger Teil davon, ungefähr 200, landet hier in unserer Paketklinik. Statt die beschädigten Pakete an den Absender zurückzuschicken, korrigieren und reparieren wir das, was gewisse Kundinnen und Kunden beim Einpacken vernachlässigt haben. Die Post verarbeitet solche Sendungen manuell. Wir erbringen diese Dienstleistung gerne für unsere Kundschaft», sagt Catherine Mariller.
Fathi Boussof, 34, ist seit fünf Jahren in der Paketklinik tätig. Er arbeitet schnell und präzise, bleibt stets ruhig und konzentriert: «Wir benutzen hier kein Skalpell wie im Operationssaal, aber zahlreiche andere Instrumente wie Schere, Lupe und vor allem viel Klebeband, um die beschädigten Pakete zu ‹operieren› und zu ‹heilen›. Konkret verbrauchen wir bis zu 18 Rollen Klebeband täglich, das sind 1188 Meter», lacht er.
Beschädigte Pakete werden mit einem Begleitzettel versehen
Wie geht Fathi Boussof genau vor? Die Mitarbeitenden des Paketzentrums nehmen die beschädigten Pakete aus dem Sortierprozess und bringen sie auf Rollwagen in die Klinik. Hier kommen sie zuerst auf Fathi Boussofs «Operationstisch», wo er sie untersucht, um die Schwere der «Verletzungen» zu analysieren. Bei kleinen Schäden nimmt er seine Instrumente zur Hand, klebt, repariert oder verpackt die Pakete neu und scannt sie anschliessend für die Sendungsverfolgung.
Sind die Schäden schwerwiegender, erfasst er in der Software der Post ein Schadensprotokoll. «Meistens entsteht der Schaden dadurch, dass das Paket nass, zerdrückt oder aufgerissen wird, weil die Aussenverpackung nicht stabil genug ist oder weil es innen nicht genügend gepolstert ist», erklärt er. In diesen Fällen kreuzt Fathi die Felder «ungenügende Verpackung» oder «fehlende Verpackung» in der Software an. Er legt den reparierten Paketen auch einen Begleitzettel bei und klebt eine Spezialetikette darauf. «Dank dem Hinweis weiss die Empfängerin oder der Empfänger, dass das Paket repariert wurde», erklärt er.
In vielen beschädigten Paketen, die nach Daillens kommen, befinden sich Weinflaschen. Entweder sind sie nicht korrekt verpackt oder der Aufkleber «Weinflasche», mit dem die zerbrechlichen Waren gekennzeichnet werden, fehlt. Ist der Aufkleber vorhanden, verarbeiten die Mitarbeitenden der Post diese Pakete besonders sorgfältig und nur von Hand, sie werden also nicht automatisch sortiert.
Die reparierten Pakete kommen nach dem Klinikaufenthalt zurück zu ihren Kollegen im Sortierprozess. Und was geschieht mit den stark beschädigten Paketen, die nicht repariert werden können? Sie werden an den Absender zurückgeschickt, was jedoch sehr selten vorkommt. «Zum Glück können wir die allermeisten Pakete reparieren», freut sich Fathi Boussof.
Berechtigt den Absender festzustellen
Die Klinik in Daillens nimmt nicht nur Reparaturen vor. Auch Pakete, die wegen einer fehlenden Adresse oder Postleitzahl nicht zugestellt werden konnten, werden hier behandelt. Fathi Boussof sucht dann die richtige Adresse oder Postleitzahl, zum Beispiel, wenn sie unleserlich sind oder fehlen oder wenn keine Absenderadresse vorhanden ist. Mit der Lupe bewaffnet wird er zum Detektiv und versucht, die Adresse zu rekonstruieren.
Einige Mitarbeitende sind in solchen Fällen berechtigt, das Paket zu öffnen, um herauszufinden, wer es abgeschickt hat. Dies ist jedoch eine Ausnahme, weil die Post dem Postgeheimnis untersteht und den Inhalt der von ihr transportierten Sendungen nicht kennen darf. Das Postgeheimnis gilt auch für die Mitarbeitenden der Klinik, die nichts über den Inhalt der Sendungen verraten dürfen.
Manchmal kommen auch «ausgefallene» beschädigte Pakete in die Klinik. Fathi Boussof erinnert sich: «Vor zwei Jahren erhielten wir einen Karton mit lebenden Heuschrecken − mehrere Hundert in Röhren verpackt. Wir haben ihr charakteristisches Geräusch sehr schnell erkannt!» Zum Glück ging alles gut aus, Fathi und seine Kollegen konnten das Paket reparieren und es dem Empfänger zustellen. Sie informierten den Absender jedoch darüber, dass es im Prinzip streng verboten ist, Pakete mit Insekten oder anderen lebenden Tieren zu versenden.
Die Mitarbeitenden der Klinik wissen dank Schulungen auch, wie sie in einem solchen Fall reagieren müssen: Sie kontaktieren die Konzernsicherheit der Post und/oder die Post nimmt Kontakt mit dem Absender der Sendung auf.
Schlecht verpackte Sextoys gehören auch dazu
Zu den ungewöhnlicheren Sendungen gehören auch schlecht verpackte Sextoys oder ein (zum Glück künstliches!) Tigerfell. Wie geht Fathi Boussof mit diesen speziellen Situationen um? «Ich habe noch nie erlebt, dass Fathi seine unerschütterliche Ruhe verloren hätte, auch nicht in den unglaublichsten Situationen», sagt Catherine Mariller. In ihrer Stimme schwingen Stolz und Bewunderung mit.
Foto: © Schweizerische Post