In «Tinguely Entangled» werden kinetische Skulpturen des Schweizer Künstlers Jean Tinguely zur Kulisse für junge Quantenforschende und Kulturschaffende, die eine musikalische Interpretation der Entstehung von Quantencomputern aufführen. Die in Zusammenarbeit mit dem Departement Physik, dem NCCR SPIN und dem Basel Infinity Festival entwickelte Performance soll die Quantenphysik für ein breites Publikum erlebbar machen.
(Basel) Die unkonventionelle Paarung von Künstlerinnen und Physikern in dem multidisziplinären Projekt Tinguely Entangled ist ehrgeizig. Die lettische Komponistin Linda Leimane schafft in enger Zusammenarbeit mit einigen der weltweit führenden Quantenforschenden ein massgeschneidertes musikalisches Arrangement. Interventionen von fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Nationalen Forschungsschwerpunkts SPIN und visuelle Darstellungen des Künstlers Luca Scarzella ergänzen die Aufführung.
Das von Lukas Loss, dem Leiter des Infinity-Musikfestivals in Basel, konzipierte und koordinierte Projekt erfordert die Orchestrierung von drei sich ergänzenden Visionen: Wissenschaft, Klang und Bild.
Am Departement Physik stellten sich Jung-Ching Liu, Dr. Henry Legg, Arianna Nigro, Rafael Eggli und Dr. Valerii Kozin der Herausforderung, einem Laienpublikum die komplexen Prinzipien der Quantenphysik zu vermitteln.
«Wenn man sich mit Kolleginnen und Kollegen unterhält, verwendet man eine spezielle Sprache, die nur jemand aus unserem Fachgebiet versteht. Bei einem solchen Projekt muss man sich von diesem Alltagsjargon befreien und wirklich über das Kernkonzept nachdenken, das wir zu erklären versuchen», sagt Henry Legg, Postdoktorand in der Gruppe für Theorie der kondensierten Quantenmaterie und Quanteninformatik.
Akustisch und visuell einen Sinn ergeben
Die enge Zusammenarbeit mit führenden Forschenden ermöglichte es den Künstlerinnen und Künstlern, Quantenkonzepte so gut zu verstehen, dass sie akustisch und visuell einen Sinn ergeben. «Bevor wir mit unserer Arbeit begannen, haben wir viel Zeit in das Lernen investiert: durch Gespräche mit Daniel Loss, Professor für theoretische Physik an der Universität Basel, durch Lektüre, Gespräche mit SPIN-Mitgliedern, durch Online-Kurse und den Besuch von vier Live-Masterclasses», erklärt Linda Leimane.
Es zeigte sich, dass Musik für ein Thema wie das Quantencomputing erstaunlich gut geeignet ist: «Verschränkung – zwei Musiker spielen dieselbe Melodie, Superposition – zwei Musiker spielen verschiedene Melodien zur gleichen Zeit, Rauschen, Kohärenz usw. Das alles sind Themen, die wir gut in Musik umsetzen können», sagt Lukas Loss, der als Brücke zwischen Wissenschaftlern und Musikern fungierte.
Der visuelle Designer Luca Scarzella hat sich ebenfalls auf eine Weise mit dem Thema vertraut gemacht, die es ihm erlaubt hat, dazu visuelle Konzepte zu entwickeln: «Ich konnte die Diskussionen und die Expertise der Fachleute in Basel nutzen, um konzeptionelle Fehler im visuellen Projekt zu vermeiden.»
Wissenschaft und Kunst zeichnen sich durch kreative Prozesse aus
Sowohl die Wissenschaft als auch die Kunst zeichnen sich durch äusserst kreative Prozesse aus und könnten ohne Experimente nicht existieren. Die offensichtlichste Gemeinsamkeit ist jedoch der Drang, unbekannte Gebiete zu erforschen und die Grenzen der jeweiligen Disziplin zu erweitern. Projekte wie Tinguely Entangled bieten die Möglichkeit, die Praktiken des jeweils anderen zu entdecken und innovative Ansätze zu entwickeln.
Die Wissenschaft kann eine gewisse Emotionalität von der Kunst übernehmen, vor allem in der Kommunikation, wie Jung-Ching Liu, Doktorandin am Nanolino Lab, erklärt: «Manchmal kann die Naturwissenschaft den Bezug zu unserem täglichen Leben verlieren. Die Kunst hingegen sucht die Resonanz mit ihrem Publikum. Durch die Zusammenarbeit mit Künstlern hoffe ich, dass das Publikum erkennt, dass Wissenschaft interessant und zugänglich sein kann.» Andererseits kann die Kunst eine gewisse Systematik von der Wissenschaft übernehmen, einen Rahmen, oder wie Linda Leimane es ausdrückt, «eine Genauigkeit der Proportionen und der mathematischen Objektivität sowie einen gewissen Sinn für Ordnung.»
Neuland in der Kommunikation
Tinguely Entangled betritt Neuland in der Kommunikation von Musik und Wissenschaft, indem es die Stärken zweier unterschiedlicher, aber komplementärer Welten ausspielt. «Wir machen etwas, das viel grösser ist als das, was eine einzelne Person machen kann. Der Schaffensprozess dreht sich um das Team, und der Energieaustausch ist spannend», betont Linda Leimane. Das Ergebnis wird am 25. März um 19.30 Uhr im Museum Tinguely in Basel zu sehen sein.
Foto: © NCCR SPIN, Marie Le Dantec / Bildlegende: Der visuelle Designer Luca Scarzella (links) im Gespräch mit dem Doktoranden Rafael Eggli im Cryolab des Departement Physik