Die Corona-Pandemie prägte auch das Geschäftsjahr 2021: In Zügen und Bahnhöfen waren rund ein Drittel weniger Kundinnen und Kunden unterwegs als vor der Pandemie; bei SBB Cargo Schweiz stagnierte die Transportleistung. Die schwache Nachfrage führte zu einem Verlust von 325 Millionen Franken. Dieser fiel jedoch geringer aus als 2020 – dank Sparmassnahmen, höherer Erträge und grösserer Unterstützung des Bundes.
(Bern) Die SBB will die finanzielle Lage nachhaltig stabilisieren und bis 2030 rund 6 Milliarden Franken sparen. Erfreulich waren die weiter gestiegene Personalzufriedenheit sowie die gute Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit, letztere mit regionalen und saisonalen Unterschieden. Pünktlich, zuverlässig, sicher: Das ist die Richtschnur, welche die SBB mit der Strategie 2030 verfolgt. Sie rechnet dank dem Klimavorteil langfristig mit stark wachsender Nachfrage und will veränderte Kundenbedürfnisse mit schrittweise flexibleren Angeboten befriedigen.
Die SBB blickt auf ein weiteres pandemiebedingt äusserst herausforderndes Jahr zurück: Die Nachfrage erholte sich zwar ab Sommer, sank aber in der fünften Corona-Welle gegen Jahresende wieder. Insgesamt waren 2021 täglich 885 000 Passagiere unterwegs, das sind 4,9 Prozent mehr als 2020, aber 33,1 Prozent weniger als vor der Pandemie 2019. Der Freizeitverkehr hat sich besser erholt als der Berufsverkehr. Viele Pendlerinnen und Pendler arbeiteten auch 2021 von zuhause aus. Auch im internationalen Personenverkehr lag die Auslastung insgesamt rund einen Drittel unter dem Niveau von 2019, wobei sie stark von den Bestimmungen in den einzelnen Ländern abhängig war. So hat die SBB im Sommer 2021 bei einigen Destinationen sogar das Niveau von 2019 erreicht. Die Anzahl Kundinnen und Kunden in den Bahnhöfen stieg zwar gegenüber 2020 um 3,6 Prozent, lag aber immer noch 30,5 Prozent unter dem Wert von 2019. Bei SBB Cargo Schweiz stagnierte die Transportleistung auf niedrigem Niveau (2021: 5256 Mio. Nettotonnenkilometer, -0,2 Prozent gegenüber Vorjahr) und liegt deutlich tiefer als 2019 (5979 Mio. Nettotonnenkilometer).
Finanzielle Lage sehr angespannt – Stabilisierungspaket geschnürt
Corona belastet die finanzielle Situation der SBB stark. Das Konzernergebnis schliesst mit einem Verlust von -325 Millionen Franken (Vorjahr: -617 Millionen Franken). Darin eingerechnet ist die Unterstützung der öffentlichen Hand von 330 Millionen Franken (Vorjahr: 277 Millionen Franken). Dank dieser Unterstützung, aber auch dank höherer Erträge und Sparmassnahmen der SBB, fiel der Verlust 2021 um 47,3 Prozent geringer aus als 2020. Die verzinsliche Nettoverschuldung ist um 720 Millionen Franken auf mehr als 11 Milliarden Franken gestiegen. Der Schuldendeckungsgrad – die verzinsliche Nettoverschuldung im Verhältnis zum EBITDA – liegt bei 13,7 und damit wiederum deutlich über der vom Bund geforderten Höchstgrenze von 6,5. Die Corona-Krise wird die SBB nach derzeitiger Schätzung insgesamt rund 3 Milliarden Franken kosten.
Um eine nachhaltige Finanzierung bis 2030 zu erreichen, hat die SBB gemeinsam mit dem Bund ein Stabilisierungspaket geschnürt. Die SBB wird die geplanten Sparmassnahmen von rund 6 Milliarden Franken bis 2030 umsetzen, hinzu kommen ab 2024 bis 2030 jährlich weitere, vom Bund erwartete 80 Millionen Franken Kostenmassnahmen und/oder Ertragsoptimierungen. Das bleibt anspruchsvoll.
Zufriedene Mitarbeitende sorgen für zufriedene Kunden
Anders als 2020 hat die SBB den Fahrplan 2021 trotz Corona-Krise nicht ausgedünnt; erst die Omikron-Welle Anfang 2022 hat die SBB punktuell dazu gezwungen. 2021 hat das Unternehmen weitere Massnahmen zur Erhöhung der Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit umgesetzt. Dank gut geplanter Baustellen und weniger Störungen bei der Bahninfrastruktur und den Zügen hat die SBB die zweitbesten Pünktlichkeitswerte in ihrer Geschichte erreicht, jedoch mit saisonalen und regionalen Unterschieden.
Die betrieblichen Probleme in der Westschweiz spiegelten sich auch bei der Kundenzufriedenheit wider, die zwar wie schon im Vorjahr überdurchschnittlich hoch war, jedoch getrübt durch die schlechten Werte im zweiten Halbjahr in der Westschweiz. Tiefpunkt war ein mehrtägiger Totalunterbruch auf der Hauptachse Lausanne–Genf im November wegen einer Gleisabsenkung in Tolochenaz. Um die Pünktlichkeit auf einem hohen Niveau halten zu können, braucht es künftig mehr Reserven im Fahrplan, insbesondere in der Westschweiz.
Einen wesentlichen Beitrag für die hohen Pünktlichkeits- und Zufriedenheitswerte leisten die Mitarbeitenden in den Zügen, im Gleisfeld, in den Bahnhöfen, in den Werken und von zuhause aus. Erfreulich ist, dass die Mitarbeitenden selbst auch mehrheitlich zufrieden sind – in der Personalumfrage 2021 haben fast alle Bereiche höhere Werte als im Vorjahr erzielt. Auch die angespannte Situation beim Lokpersonal hat sich endlich normalisiert, im Verlauf des ersten Halbjahres 2022 wird ein leichter Überbestand erreicht. Damit kann die SBB ihr Lokpersonal für mehr Strecken und Fahrzeugtypen ausbilden, was flexiblere Einsätze ermöglichen wird.
Der Zug ist ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Ein besonderes Augenmerk gilt aber – trotz sinkendem Trend in den vergangenen zwei Jahrzehnten – den Berufs- und Rangierunfällen, die 2021 leicht zugenommen haben.
Arbeiten und Reisen im ÖV ist dank Schutzkonzept sicher
Das Arbeiten mit Schutzmaske, das Einhalten der Corona-Schutzkonzepte und Homeoffice haben den Berufsalltag der SBB Mitarbeitenden auch 2021 stark geprägt. Seit Beginn der Pandemie reinigt das SBB Personal die Züge und Bahnhöfe öfter und intensiver. Wer die Corona-bedingten Schutzmassnahmen einhält, schützt sich, die Mitreisenden und das Personal und reist sicher. Die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, die bis Ende März gilt, wird nach wie vor gut eingehalten, dafür dankt die SBB ihren Kundinnen und Kunden.
Bahnfahren ist klimafreundlich und hat Zukunft
Die SBB freut sich auf die Rückkehr der Kundinnen und Kunden. Klimafreundliches und staufreies Reisen wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und längerfristig wird die Bahn wieder stark wachsen. Das Reiseverhalten wird stärker schwanken und weniger berechenbar sein; mehr Menschen werden in der Freizeit reisen und weniger pendeln. Darauf reagiert die SBB mit ihrer Strategie 2030, die sie Ende Jahr vorgestellt hat: In einem ersten Schritt bis 2025 stabilisiert die SBB den Betrieb und den Fahrplan. Bis 2030 soll Bahnfahren noch einfacher und bequemer werden: Dazu wird die SBB ihr Angebot schrittweise flexibler gestalten, auf Basis des bewährten Taktfahrplans, und so die Schiene attraktiver gegenüber dem motorisierten Individualverkehr machen.
Abgeleitet aus der Strategie stellt die SBB 2022 die pünktliche, zuverlässige, sichere. Bahn in den Fokus. Die SBB will Kundinnen und Kunden zurückgewinnen, die wegen der Pandemie fehlen. Stichworte dazu sind: Test neuer Aboformen, attraktive Spartagesklassenwechsel, bessere Kundeninformation im Störungsfall, mehr Zugverbindungen in die Berge und ins Ausland, mehr Veloplätze sowie zu attraktiven Verkehrsdrehscheiben entwickelte Bahnhöfe. Die SBB treibt Digitalisierungsprojekte z.B. in der integrierten Bahnproduktion voran. Sie tragen dazu bei, dass die Bahn effizienter und robuster wird.
Gemeinsam mit dem Bund diskutiert die SBB Lösungen, um den Güterverkehr vermehrt von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Als klimafreundlichstes Massentransportmittel trägt die SBB massgeblich zum Erreichen der Klimaziele des Bundes bei. Schliesslich will die SBB einen Beitrag leisten, die Mobilität in der Schweiz gesamtheitlich weiterzuentwickeln und die Kombination der Bahn mit anderen Verkehrsträgern zu fördern.
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